OA-Community oder OA-Communities?

Dieser Blogpost widmet sich dem Artikel „“Alte Traditionen“: zur Rolle von scholar-led publishing und Open Access in den Geistes- und Sozialwissenschaften“ von Tobias Steiner (2023). Der Autor ist Teil des Radical Open Access Collective und Mitwirkender des scholar-led.network-Manifests. Der Artikel bietet eine interessante Perspektive aus dem Ausland, die durchaus auf die Open Access-Landschaft in Deutschland übertragbar ist.

Steiner stellt sich gegen die Annahme, dass es nur (die) eine Open Access „Community“ gibt. Mit Bezug auf Moore (2017) hebt der Autor hervor, „dass der Minimalkonsens zwischen den einzelnen Open-Access-Strömungen wohl darin bestehe, dass Forschungsergebnisse in irgendeiner Art frei zugänglich im Web verfügbar gemacht werden sollen.“ Steiner unterstreicht sein Argument in empirischer Hinsicht anhand zahlreicher „radikaler“ scholar-led Communities im Feld der Geistes- und Sozialwissenschaften in Großbritannien, die sich für den barrierefreien Zugang wissenschaftlicher Arbeiten eingesetzt haben. In diesem Kontext ist „radikal“ als von der Wurzel ausgehend zu verstehen (Steiner 2023). Die Aktivitäten dieser Initiativen lassen sich bereits vor dem Start der OA-Kommerzialisierung beobachten. In seinen Ausführungen verweist der Autor auch auf das Anfang der 2000er kreierte Open Journal Systems (OJS), dass seiner Meinung nach „jede noch so kleine Community“ (Steiner 2023) darin unterstützt eigene Zeitschriftenprojekte voran zu bringen.

Gibt es (die) eine OA-Community?

Ebenso wie „Open Access“ ist der Begriff „Community“ kein Fachausdruck. Community bezieht sich allgemeinhin auf „Gemeinschaft“, d.h. eine Gruppe von Menschen, die sich durch ein „Wir-Gefühl“ miteinander verbunden fühlen.

Eine solche Gemeinschaft ließ sich beispielsweise bei der Open Access Scholarly Publishing Association (OASPA) Konferenz im Herbst 2023 erkennen, als mehr als fünfhundert Teilnehmer:innen bei der Eröffnungssitzung den Berichten zu den Anfängen der Open Access Bewegung in den 2000er von Peter Suber der Harvard University und anderen Speaker:innen folgten.[1] Im weiteren Verlauf der Veranstaltung wurde viel über die Bedeutung von Open Access im globalen Süden diskutiert. OASPA (o.D.) selbst stellt sich als „international community for open access publishing” vor. Der Begriff „Community“ ist aber auch im Kontext von Veranstaltungen zu Open Access in Deutschland präsent. So bewirbt das open-access.network (o.D.) das eigene Veranstaltungsformat Barcamp, um „Interessierten der Open-Access-Community die Möglichkeit [zu geben], miteinander in Austausch zu treten“. Ein anderes Beispiel ist die „‘ENABLE!-Community‘“. Hier wird der Gemeinschaftsgedanke nicht nur im Namen der Plattform deutlich, sondern auch im Mission Statement: „Unser Ziel ist es, als „ENABLE!-Community“ gemeinschaftlich und partnerschaftlich eine auf Open Science ausgerichtete Open-Access-Publikationskultur in den Social Sciences und Humanities (SSH: Sozial- und Geisteswissenschaften) zu entwickeln, die von allen getragen wird“ (ENABLE! o.D.).

Es lässt sich also zusammenfassen: So wie Steiner eine Vielzahl von Communities in Großbritannien sieht, so gibt es auch in Deutschland diese Vielfalt von Gemeinschaften, die teilüberlappende Sichtweisen innehaben, die sich auf verschiedene Fächer, Disziplinen und Aspekte von Open Access fokussieren: open-access.network, Landesinitiative openaccess.nrw, ENABLE! und DHD (Digital Humanities Deutschland: AG Digitales Publizieren). Die oben gestellte Frage lässt sich somit wie folgt beantworten: Es gibt nicht die eine OA-Community. In diesem Sinne gibt es viele OA-Communities.

Enable! o.D. Mission Statement der ENABLE!-Community. <https://enable-oa.org/mission-statement>, zuletzt abgerufen am 30.01.2024.

Moore, Samuel A. 2017. A Genealogy of Open Access: Negotiations between Openness and Access to Research. In: evue Française Des Sciences de l’information et de La Communication, no. 11 (August). https://doi.org/10.4000/rfsic.3220.

Open Access Scholarly Publishing Association (OASPA) o.D. The international community for open access publishing. <https://oaspa.org/>, zuletzt abgerufen am 30.01.2024.

openaccess-network o.D. Open Access Barcamp 2024. <https://open-access.network/vernetzen/barcamp>, zuletzt abgerufen am 30.01.2024.

Steiner, Tobias. 2023. „“Alte Traditionen“: zur Rolle von scholar-led publishing und Open Access in den Geistes- und Sozialwissenschaften“. In: LIBREAS. Library Ideas, 44 (2023). https://libreas.eu/ausgabe44/steiner/


[1] Über die Zeit von 2001-2013 kann man sich über diese Newsletter-Sammlung von Peter Suber informieren: https://cyber.harvard.edu/~psuber/wiki/History_of_open_access#Newsletter_(2001-2013)