Monografien-Workshop: Verlegerische Prozesse und Metadaten-Monitoring von wissenschaftlichen Buchpublikationen

Die Landesinitiative openaccess.nrw hatte für den 6. und 7. Mai 2025 zum Workshop rund um das Herstellen, Verlegen, Publizieren, Finanzieren, Vertreiben und Monitoring von akademischen Büchern (Monografien-Workshop) eingeladen. In diesem Rahmen haben sich gut 20 Akteur:innen, die an verschiedenen Punkten am Publikationsprozess wissenschaftlicher Bücher beteiligt sind, im Essener Unperfekthaus in einen intensiven Austausch begeben. Diskutiert wurden: Interessen der Publizierenden, verlegerische Prozesse und Finanzierungsbedarfe, Verzeichnisse und Kataloge von Buchhandel und Bibliotheken sowie der gemeinsame Bedarf standardisierter Metadaten mitsamt (automatisierten) Austauschformaten. Für das wissenschaftliche Publizieren ist ein gemeinsames Verständnis über akademische (OA-)Bücher ebenso wichtig wie die Entwicklung praktikabler Lösungsansätze zur Verbesserung der Sichtbarkeit akademischer Bücher mithilfe von standardisierten Metadaten und Definitionen. Denn Bücher sind neben den allseits diskutierten Zeitschriftenartikeln ein wichtiger Publikationsoutput der Wissenschaftskommunikation.

Die Teilnehmenden kamen aus Bibliotheken in verschiedenen Rollen, aus privatwirtschaftlichen und institutionellen Verlagen, aus dem Buchhandel und der Wissenschaft.

Am ersten Tag standen verlegerische Prozesse, Leistungen und Kosten im Mittelpunkt, geleitet von Fragen wie: Was geschieht von der Manuskripteinreichung bis zur Publikation eines Buches? Welche Anforderungen sollten Wissenschaftsverlage bei der Produktion von Büchern erfüllen? Wie werben sie attraktive Publikationen ein? Was macht ein wissenschaftliches Buch aus?

Der erste Input kam von Prof. Dr. Hannes Krämer von der UDE, der aus Sicht eines Autors über seine Publikationserfahrungen mit mehreren Verlagen im deutschen und englischen Sprachraum berichtete. Dabei sind ihm fünf Punkte wichtig: Insbesondere Nachwuchswissenschaftler:innen benötigten für ihre ersten Buchprojekte eine enge Begleitung durch den Verlag. Informationen nach der Abgabe des Manuskriptes über den Stand des Publikationsprozesses bis zum Erscheinen wären wünschenswert – vielleicht in der Art einer „Sendungsverfolgung“. Da der inhaltliche Austausch in der eigenen Fachcommunity im Vordergrund stehe, ist jede Art von Werbematerial willkommen: professionell aufbereitete Informationen zum Inhalt, größere Textausschnitte. Aber auch Download- oder Verkaufszahlen interessieren hinsichtlich der Rezeption des eigenen Werkes. Verlegerische Prozesse und Tätigkeiten fänden oft in einer Blackbox statt, daher sei Transparenz und Austausch auch über deren Kosten begrüßenswert.

In einem zweiten Impuls berichtete Dr. Maria Effinger, Leiterin der Abteilung Publikationsdienste und Geschäftsführerin des an der UB Heidelberg betriebenen Universitätsverlags heiUP. Sie sieht für Universitätsbibliotheken neue Chancen in der Entwicklung ihres Portfolios zur Publikationsdienstleisterin. Seit Verlagsgründung 2015 ist die Heidelberger UB immer enger in zahlreiche Netzwerke, etwa der NFDI4Culture, eingebunden, und betreibt verschiedene Plattformen für zahlreiche Einsatzszenarien. heiUP als wissenschaftlicher Verlag legt dabei mit Hilfe eines Beirats strenge Qualitätskontrollen an und veröffentlicht ca. 20 der rund 150 jährlich erscheinenden E-Books der UB Heidelberg. Technisch wird auf XML-Workflow und digitales Publizieren gesetzt, so dass zukünftig auch enhanced publications häufiger realisiert werden könnten, beispielsweise Pfisterer, U.: Mandragora – Pflanzen als Künstler” (Heidelberg 2024).

In der anschließenden Diskussion dieser Impulsvorträge wurde u.a. über die Entstehung von Renommee und Reputation in einzelnen Fach-Communities sowie die Ausrichtung auf Vertrieb und Verkauf eingegangen: Fachgesellschaften und das Publikationsverhalten der fachlichen Peers spielen ebenso eine Rolle wie die das Ausgabeformat einer Publikation, was wiederum die Aufbereitung, Pflege und Sichtbarkeit der Metadaten beeinflusst. Obwohl die Schwerpunkte differieren, gibt es ein gemeinsames Ziel: maximale Sichtbarkeit der Publikationen in ihren jeweiligen Ausgabeformaten bei ihren Leser:innen und Zielgruppen.

Am zweiten Teil des Nachmittags ging es um die einzelnen Schritte des verlegerischen Prozesses von der Abgabe des Manuskriptes bis zur Verbreitung des gedruckten und digitalen Buches. Unterstützt durch den Input von Melanie Völker vom Waxmann Verlag erhielten die Teilnehmenden einen umfassenden Einblick in die zahlreichen Arbeitsschritte und die konkrete Praxis eines eher kleinen, geistes- und sozialwissenschaftlich ausgerichteten Verlages: Unter der Projektkoordination des Lektors/der Lektorin wird der gesamte Prozess zeitlich und finanziell konzipiert und intern wie extern organisiert. Das Verlagsprogramm entsteht durch gezielte Akquise von Buchprojekten und Auswahl passender Manuskripteinreichungen von Autor:innen. Das Portfolio umfasst bei Waxmann Lehrbücher, Monografien, Dissertationen und Sammelbände bis hin zu Zeitschriften. Der Produktionsprozess verläuft bis zur Freigabe der Druckvorlage formatunabhängig, anschließend wird die E-Book-Ausgabe digital aufbereitet (Bookmarks, Barrierefreiheit etc.). Während die Metadaten der Print-Ausgabe insbesondere in das Verzeichnis lieferbarer Bücher eingehen, gibt es für die digitale Ausgabe zahlreichere Distributionsmöglichkeiten der zugehörigen Metadaten; die Meldung an die diversen Verzeichnisse wird nach Erscheinen kontrolliert.

In den Rückfragen und der Diskussion ging es um Details wie ORCID-Verlinkung, Rechte-Informationen im Impressum oder Probleme bei Terminverschiebung der Publikation. Auch Fragen zu den Werbekanälen auf Social Media sowie den unterschiedlichen Kosten aufgrund unterschiedlicher Aufwände je nach Buchtyp (Dissertation, Lehrbuch, Sammelband) wurden umfassend besprochen.

Der zweite Tag stand unter dem Motto „Monitoring und Metadaten akademischer Bücher“ und zielte auf Fragen wie: Wie viele OA-Monografien erscheinen in NRW, in welchen Verlagen? Wie können wir kollaborativ ein Monitoring ermöglichen? Wo entstehen Metadaten, wie werden sie transportiert? Wie werden OA-Bücher sichtbar?

Im ersten Impulsvortrag stellte Britta Noack von wbv Publikation (Bielefeld) sämtliche Aktivitäten rund um Metadaten zu allen wbv-Titeln vor. Kernelement ist die sog. Titeldatenbank, in der sämtliche Angaben unter strengen Regeln für eine gute „Datenhygiene“ und mit feinen Kontrollmechanismen erfasst, verwaltet, gespeichert und für den Datenaustausch bereitgestellt werden. Sie entstehen an verschiedenen Stellen im Verlag, sind XML-basiert auf dem ONIX-Buchhandelsstandard, und das Produktmanagement verantwortet die die Vollständigkeit der Daten pro Titel. Zahlreiche Datenströme versorgen den Handel sowie die Bibliotheken – dabei entscheiden die Datenempfänger:innen, welche Daten sie auslesen und weiter nutzen. Vorhanden sind von ORCID über die CC-Lizenz alle erdenklichen Angaben bis zum Download-Link und dem Verkaufspreis. Aus Verlagssicht ist das Verzeichnis lieferbarer Bücher, VlB, die „Mutter aller Datenbanken“, nicht zuletzt als Referenz für die Preise.

Britta Noack wandte sich mit verschiedenen Fragen an die anwesenden Bibliotheksvertreter:innen, woraus sich eine intensive Diskussion entspann: ORCID und Affiliation, ONIX und Kompatibilität mit bibliothekarischen Daten, bibliothekarische Quellen für die Erfassung und Verzeichnung in Katalogen und Suchsystemen, Nutzung für weitergehende Zwecke wie Monitoring oder Langzeitarchivierung. Über die Interessensgemeinschaft der Wissenschaftliche Verlage könnte der Börsenverein als Vermittler zwischen Verlagen und Bibliotheken agieren, um in Sachen Metadaten(-Austausch) Synergien zu nutzen und die Zusammenarbeit zu stärken. Mehr kommunikativer Austausch der Beteiligten wurde generell begrüßt.

Im zweiten Impulsvortrag stellte Alexander Haffner von der MVB GmbH die Services des VlB und das ONIX-Format vor. Aufgabe von MVB ist es, Handel und Verlage zu vernetzen (Metadatenaustausch im DACH-Raum über das VlB, in Südamerika über Metabooks, Bereitstellung des Bestellsysteme PubX in UK und USA). MVB ist dabei die Datendrehscheibe zwischen Verlag, Handel, Zwischenhandel, Webshops und Bibliotheken. Ca. 22.000 Verlage und ca. 3.500 Datenabnehmer nutzen das Verzeichnis. Der technische Service liegt in der Plausibilisierung und Normalisierung der Daten, die teils automatisiert, teils über Webformulare zur Meldung (für kleinere Verlage) ins System aufgenommen werden. Allerdings hat auch das VlB keinen Einfluss darauf, wie die Datenempfänger die Daten nutzen. So nutzt die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) für physische Bücher bspw. VlB-Daten für ihren Neuerscheinungsdienst, über digitale Publikationen müssen diese von den Verlagen bzw. Self-Publishern geliefert werden. Da MVB sich auch für Qualität durch Standardisierung und internationale Abstimmung u.a. im EDItEUR Steering Committee einsetzt, gibt es hier ein großes Innovationspotenzial bei den relevanten Stakeholdern, das es zu nutzen gilt, um eine bessere Sichtbarkeit von E-Books und Open-Access-Büchern aus deutschen Verlagen anzustoßen. Das Datenformat ONIX kann bislang schon Lizenzinformationen und Daten zu Verlag, Urheber:in, Preisen erfassen, die (bis auf die Lizenzvereinbarung) auch im VlB angezeigt werden. Weitere Inhalte wie etwa Informationen über Forschungsförderer, hybride Publikationen oder die persistente Speicherung sind bislang weder in ONIX noch im VlB erfassbar. Im Best-Practice-Guide gibt es bereits Vorgaben für Open Access-Titel in ONIX 3.0. Während bislang die Produktsichtbarkeit im Fokus stand, verschiebt sich dieses Ziel jetzt auf die Urheber:innen, was die eindeutige Produktzuordnung zu den Autor:innen zur Bedingung macht und den Stellenwert der ORCID erhöht. VlB und VG Wort setzen zusätzlich auf ISNI (International Standard Name Identifier), da die Musik-App Spotify diesen bereits zum Standard für ihre Plattform gemacht hat.

Die anschließende Diskussion kreiste um einzelne, unbedingt notwendigen Metadaten für OA-Bücher, aber auch um die Datenströme zwischen den Akteuren Verlage, Handel und Bibliotheken, um maximale Sichtbarkeit und effizienten Austausch zu gewährleisten. Auch die Rolle der DNB und die Anforderungen an den zukünftigen Katalog wurde beispielhaft in der bereits verfügbaren Betaversion besprochen. Bislang erfasst die DNB kostenfreie digitale Bücher als sog. Netzpublikationen mit dem Importformat XMetaDissPlus. Der Datenaustausch über Schnittstellen mit ONIX, MARCXML und BASE ist auch möglich.

Für das Monitoring akademischer Buchpublikationen besteht außerdem das Problem der Unterscheidung wissenschaftlicher von anderen Büchern, um aus der Gesamtheit wissenschaftlicher Bücher den Anteil zu ermitteln, der OA erschienen ist. Daher wurden auch Aspekte diskutiert, die sich mit Elementen befassen, die auf die Wissenschaftlichkeit eines Buches schließen lassen, und auf das Gemeinsame Vokabular für Publikations- und Dokumenttypen der beiden DINI AGs Elektronisches Publizieren (EPUB) und Forschungsinformationssysteme (FIS) hingewiesen.

Die Veranstaltung war ein wichtiger Beitrag für den Austausch unter relevanten Stakeholdern, der durch folgende Schritte weiter vertieft wird: Ein Workshop im Rahmen der OA-Tagen im September wird auf den Vorträgen und Diskussionen des Monografienworkshops aufbauen.