Zukunft der Kostenkontrolle beim Open-Access-Publizieren

Im ehemaligen Förderprogramm „Open Access Publizieren“ der DFG (Laufzeit: 2010 bis 2020) war eine Obergrenze von 2000€ für die Förderung eines Artikels festgelegt1. Diese Preiskappung half den teilnehmenden Einrichtungen dabei, die Kosten für das Open-Access-Publizieren zu kontrollieren und eine Preisspirale, wie sie zuvor am Subskriptionsmarkt entstanden war, im Open-Access-Publikationsmarkt zu verhindern. Denn in vielen Fällen konnten durch individuelle Nachfragen bei Verlagen mit höheren Artikelpreisen Preissenkungen auf unter 2000€ ausgehandelt werden, um eine Förderung der Artikel zu ermöglichen.

In ihrem neuen Förderprogramm „Open-Access-Publikationskosten“ verzichtet die DFG jedoch auf diese Obergrenze2. Erste Verlage, wie z.B. Frontiers, haben den Einrichtungen bereits entsprechend mitgeteilt, dass sie nach dem Wegfallen der durch die DFG vorgegebenen Obergrenze zukünftig keine Preiskappung auf unter 2000€ mehr anbieten werden.

Im Zuge dieser Entwicklung wurde im September 2021 in der Mailingliste IP-OA eine Diskussion darüber angestoßen, wie Einrichtungen mit dem Wegfall dieser Preisgrenze durch die DFG umgehen. Hält man auch ohne Vorgabe der DFG weiterhin an einer Obergrenze von 2000€ zur Artikelförderung fest? Wird die Grenze angepasst oder eine anteilige Förderung von Artikelgebühren ermöglicht? Die Rückmeldungen auf die erste Anfrage zeigte ein einheitliches Bild: man werde auch zukünftig die Obergrenze von 2000€ bei der Förderung von Open-Access-Artikeln beibehalten. Einige Einrichtungen meldeten zurück, anteilig auch teurere Artikel mit bis zu 2000€ zu fördern.

Welche Konsequenzen haben diese Entscheidungen?

  • Durch eine exklusive Förderung von Artikeln, deren Gebühr unter 2000€ liegt, verwehrt man evtl. Forschenden den Zugang zu OA-Optionen und läuft Gefahr, dass sie stattdessen ihre Artikel in Closed-Access-Zeitschriften veröffentlichen
  • Die Einführung einer anteiligen Förderung bis zu 2000€ könnte aufgrund der geteilten Rechnungen zu erhöhtem Verwaltungsaufwand führen

Auf die Diskussion in der Mailingliste folgte der Vorschlag eines Austauschs über Kostenkontrolle beim Open-Access-Publizieren während der Open-Access-Tage 2021. Nach diesem ersten Treffen wurde die Fokusgruppe Kostenkontrolle im Rahmen des Projekts open-access.network gegründet3. Das erste Treffen der Gruppe, in der auch die Landesinitiative openaccess.nrw vertreten ist, fand am 18.11.21 mit 64 Teilnehmer:innen statt. Die Fokusgruppe bietet einen Ort für den Austausch über lokale Regelungen zur Förderung. Es wurden allerdings Zweifel darüber geäußert, ob einzelne Einrichtungen überhaupt Einfluss auf die Preispolitik der Verlage nehmen können, indem sie an einer Preisobergrenze festhalten. Daraus entwickelte sich der Wunsch nach einem gemeinsamen standortübergreifenden Vorgehen. In den kommenden Monaten wird die Fokusgruppe daher ein Empfehlungspapier zur Open-Access-Kostenkontrolle erarbeiten. Über Neuigkeiten zum Thema werden wir auch hier im Blog berichten.

[1] https://zenodo.org/record/4486411

[2] https://www.dfg.de/foerderung/faq/oa_publikationskosten_faq/index.html (s. Mitteleinsatz für förderfähige Inhalte)

[3] https://open-access.network/vernetzen/digitale-fokusgruppen/fokusgruppe-kostenkontrolle

Start der Landesinitiative
openaccess.nrw

Es ist so weit: wir freuen uns sehr, den offiziellen Start der Landesinitiative verkünden zu können!

Im Programmbereich 1 beginnen wir unsere Arbeit mit Kennenlerngesprächen mit den Open-Access-Beauftragten und -Verantwortlichen der Hochschulen in NRW. Die Gespräche sollen dazu dienen, den aktuellen status-quo der Open-Access-Services abzufragen und herauszufinden, welche Erwartungen die Kolleginnen und Kollegen in den Hochschulen an die Landesinitiative haben. Darüber hinaus bauen wir gerade ein Wiki für den Austausch rund um das Thema Open Access in NRW unter den verschiedenen Akteur:innen auf.

Im Programmbereich 2 steht bereits die erste Migration auf die Landesinfrastruktur an: in einem Pilotprojekt wird die Universität Duisburg-Essen ihre Inhalte zur OJS-Instanz des Landes, die vom hbz bereitgestellt wird, migrieren.

Über die zukünftigen Aktivitäten der Landesinitiative berichten wir neben diesem Blog auch auf unserem Twitter-Account. Folgen Sie uns, wenn Sie keine unserer Updates verpassen möchten.

“Yeah, this is not good[1]” – Accelerated Publication Modell von Taylor & Francis

Am 04. Januar häuften sich in unserer Twitter-Timeline Kommentare zu einem Publikationsmodell von Taylor & Francis: Accelerated Publication. Was hat es mit diesem Modell auf sich und wie wurde es in der Open-Access-Community aufgenommen?

Worum geht es?

Das Publikationsmodell[2] bietet Autor:innen einen beschleunigten Publikationsprozess in 46 verschiedenen Zeitschriften aus dem Bereich Medizin/Biomedizin. Dabei können sie zwischen zwei Optionen wählen:

  • Option 1: 3-5 Wochen von der Einreichung bis zur Online-Publikation
  • Option 2: 7-9 Wochen von der Einreichung bis zur Online-Publikation

Die Alternative zum beschleunigten Publikationsmodell ist der Standard Track. Hier setzt Taylor & Francis 16 Wochen bis zur Online-Publikation an.

Welche Kosten fallen an?

Für Option 1 werden 6200€ fällig. Bei dieser Option haben die Gutachter:innen 1-2 Wochen Zeit, um das Manuskript zu begutachten. Nach Annahme des Artikels wird er innerhalb von 1-2 Wochen online publiziert. Wenn Autor:innen diese Publikationsoption wählen, werden die Gutachter:innen als Anreiz für das Verfassen eines Gutachtens innerhalb so kurzer Zeit mit einem Honorar von 115€ vergütet. Geht man davon aus, dass zwei Gutachter:innen zum Reviewprozess eingeladen werden, dann gehen damit weniger als 5% des Gesamtpreises für die beschleunigte Publikation an die Gutachter:innen. Mit dem restlichen Geld stellt Taylor & Francis laut eigenen Angaben zusätzliche Ressourcen für das Monitoring und die Verwaltung des Peer-Reviews und des Produktionsprozesses bereit, die für den beschleunigten Publikationsprozess benötigt werden.

Für Option 2 werden 3400€ fällig. Hier ist es vorgesehen, dass die Gutachter:innen ihre Stellungnahme zum Artikel innerhalb von 3-4 Wochen verfassen. Bei dieser Option wird den Gutachter:innen kein Honorar ausgezahlt. Ein akzeptierter Artikel wird innerhalb von 2-3 Wochen online publiziert.

Im Falle einer Ablehnung des Manuskripts werden den Autor:innen keine Kosten berechnet. Sollte ein Manuskript aber während des Prozesses zurückgezogen werden, wird eine anteilige Bezahlung fällig. 

Zu beachten ist, dass keine der beiden Optionen das Open-Access-Publizieren des Artikels beinhaltet. Article Processing Charges (APCs) werden von Taylor & Francis zusätzlich zu den Preisen für das beschleunigte Publizieren in Rechnung gestellt. 

Welche Meinungen gibt es zu diesem Publikationsmodell?

Kevin Jon Heller, Jurist an der Australian National University, widmete dem Publikationsmodell einen Beitrag in seinem Blog OpinioJuris mit dem Titel „Taylor & Francis’s Really Bad Publishing Idea“[3]. Darin bemängelt er unter anderem, dass ein solches Modell die Ungleichheit in der akademischen Welt weiter verschärfen könnte: Gut finanzierte Forschende (meist aus dem globalen Norden stammend) könnten ihre Forschungsergebnisse somit schneller veröffentlichen als diejenigen, die nicht über ausreichend finanzielle Mittel für ein solches Publikationsmodell verfügen. Heller äußert darüber hinaus die Befürchtung, dass die Einführung einer Vergütung dazu führen könnte, dass Gutachter:innen bevorzugt solche Artikel bewerten, für die sie bezahlt werden, und es für Zeitschriften, die andere Publikationsmodelle nutzen, schwieriger werden könnte, Gutachter:innen für ihre Artikel zu finden. Zuletzt stellt er in Frage, ob Gutachter:innen einen solchen Artikel überhaupt ablehnen würden. Zwar wird das Honorar auch ausgezahlt, wenn Gutachter:innen einen Artikel ablehnen, aber immerhin würde eine Ablehnung dazu führen, dass Taylor & Francis nicht bezahlt wird. Gutachter:innen könnten befürchten, nach einer Ablehnung aufgrund des finanziellen Verlusts nicht zu weiteren Begutachtungen von Taylor & Francis eingeladen zu werden und daher eher dazu neigen, Artikel anzunehmen.

Auch auf Twitter brachten viele Forschende ihr Missfallen für das Modell des beschleunigten Publizierens zum Ausdruck. Neben allgemeiner Empörung und Hinweisen zur Ungerechtigkeit dieses Publikationssystems gegenüber Forschenden aus Ländern und Einrichtungen mit begrenzten finanziellen Mitteln[1,4,5,6], wurden ausdrückliche Empfehlungen ausgesprochen, dieses Publikationsmodell nicht zu nutzen[7]. Manche Forschende verwiesen auf die Alternative der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen als Preprints, die sofort und kostenfrei zur Verfügung gestellt werden können[6,8]. Andere Forschende meldeten, dass sie nicht länger bei Taylor & Francis publizieren und begutachten werden [9,10].

Wie reagierte Taylor & Francis auf die Kritik?

In einem Statement vom 10.01.22[11] erklärte Taylor & Francis, auf die Kritik aus der Community eingehen zu wollen. Darin wies der Verlag zunächst darauf hin, dass das Publikationsmodell keineswegs neu sei, sondern bereits seit über 15 Jahren für einzelne Zeitschriften aus dem Bereich der Biomedizin genutzt wird. Ein Großteil der Artikel in diesen Zeitschriften sei durch Pharmaunternehmen finanziert. Da es sich häufig um Forschung zu Medikamenten und Therapien handelt, sei eine schnelle Veröffentlichung der Ergebnisse in diesem Bereich besonders wichtig (auch in Bezug auf Patente und Produktentwicklung).

Eine Ausweitung dieses Geschäftsmodell auf andere Fachbereiche sei hingegen nicht geplant.

Mit Ausnahme des Zeitrahmens, werden beim beschleunigten Publikationsmodell alle Elemente des Gutachtenprozesses genauso durchgeführt wie bei allen anderen Zeitschriften von Taylor & Francis, die nicht diesem Modell folgen. Alle Zeitschriften, die beschleunigte Publikation anbieten, folgen hohen Qualitätsstandards und die Ablehnungsrate unter diesem Publikationsmodell unterscheidet sich laut Taylor & Francis nicht von der des Standardmodells.

Den Kommentaren zur Bezahlung der Gutachter:innen begegnet Taylor & Francis mit der Aussage, dass die Organisation des Peer-Review-Prozesses ein vielschichtiges Thema sei und man dazu bereit sei, eine evidenzbasierte Diskussion dazu zu führen. Weitere Ausführungen oder ein konkretes Diskussionsangebot fehlen jedoch im Statement von Taylor & Francis.

Unser Fazit?

Taylor & Francis ist nicht der erste Verlag, der einen beschleunigten Publikationsprozess gegen eine Gebühr anbietet. 2015 startete Nature für die Zeitschrift Scientific Reports einen Test mit einem ähnlichen „fast-track“ Publikationsmodell[12]. Infolge dessen unterzeichneten 150 Editoren ein Rücktrittsschreiben, das auch von über 400 Forschenden unterstützt wurde. Nach einer nur einmonatigen Probezeit stellte Nature daraufhin das Fast-Track-Publikationsmodell wieder ein [13].  Zuvor hatten bereits 2011 Forschende einen Protestbrief an sieben Journals aus verschiedenen Fachbereichen verfasst, die einen Fast-Track-Service gegen Gebühren von 250 – 2000$ anboten[14,15].

Die Landesinitiative openaccess.nrw teilt die hier aufgeführten Bedenken der Forschenden zu Modellen für beschleunigtes Publizieren gegen eine Gebühr. In manchen Disziplinen, wie z.B. der Medizin, ist eine schnelle Veröffentlichung von Forschungsergebnissen besonders wichtig. So mögen Fast-Track-Publikationsmodelle ein verführerisches Angebot sein. Die negativen Aspekte eines solchen Geschäftsmodells überwiegen jedoch:

  • ein gebührenbasiertes Modell für beschleunigtes Publizieren fördert die Ungleichheit und Ungerechtigkeit im globalen Publikationswesen, da nicht alle Forschenden über entsprechende finanzielle Mittel verfügen
  • der Zwang zur Beschleunigung des Peer-Reviews birgt die Gefahr, dass die Qualität eines Gutachtens unter dem Zeitdruck leidet
  • die Bezahlung von Gutachter:innen in ausgewählten Publikationsmodellen könnte dazu führen, dass Forschende seltener Artikel in Zeitschriften begutachten, für die sie nicht vergütet werden
  • Gutachter:innen, die in diesem Publikationsmodell besonders unter Zeitdruck stehen, erhalten nur einen geringen Anteil (ca. 5%) der Kosten; letztlich dient das Modell der Gewinnförderung des Verlags

[1] https://twitter.com/aemonten/status/1478448572173586437

[2] https://taylorandfrancis.com/partnership/commercial/accelerated-publication/

[3] https://opiniojuris.org/2022/01/11/taylor-franciss-really-bad-publishing-idea/

[4] https://twitter.com/RoryCormac/status/1479012815952297984

[5] https://twitter.com/ka_schubert/status/1479450996535447553

[6] https://twitter.com/ftmaestre/status/1478686509851197443

[7] https://twitter.com/ODickhauser/status/1479026844993208321

[8] https://twitter.com/LvV70248033/status/1478877540748083203

[9]https://twitter.com/Fab_Dumoulin/status/1478687601796210691

[10] https://twitter.com/AndrewIwaniuk/status/1478920819854110722

[11] https://newsroom.taylorandfrancisgroup.com/accelerated-publication-clarification/

[12] http://blogs.nature.com/ofschemesandmemes/2015/03/27/further-experiments-in-peer-review

[13] https://www.timeshighereducation.com/news/nature-journal-playing-with-fire-over-fee-for-fast-track-review/2019810.article

[14] https://alexholcombe.wordpress.com/2011/03/19/fast-track-fees-imperil-journals-reputation-for-fairness/

[15] https://alexholcombe.wordpress.com/2011/06/05/protest-of-fast-tracking-fees-two-journals-respond-and-one-bows-out/

DFG unterstützt den „Action Plan for Diamond Open Access“

Am 17.03.22 hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) den „Action Plan for Diamond Open Access“ unterzeichnet[1]. Dieser Aktionsplan wurde Anfang März von Science Europe, cOAlition S, OPERAS und der französischen Förderagentur ANR veröffentlicht[2].

Diamond Open Access beschreibt ein Publikationsmodell, bei dem weder Autor:innen für das Publizieren noch Leser:innen für den Zugriff auf die Inhalte Gebühren zahlen müssen. Stattdessen wird die Publikationsinfrastruktur von Forschungseinrichtungen oder Wissenschaftsverbänden, wie z.B. Fachgesellschaften, finanziert.

Die Anzahl der Diamond-Open-Access-Zeitschriften wurde 2021 auf 17.000 – 29.000 geschätzt[3]. Sie tragen zu 8-9% des gesamten globalen Publikationsaufkommens bei. Der Diamond-Open-Access-Sektor leistet sowohl durch die regionale Verteilung der Herkunftsländer der Zeitschriften (45% Europa, 25% Lateinamerika, 16% Asien, 5% Nordamerika) als auch bezüglich der Disziplinen (60% Geistes- und Sozialwissenschaften, 22% Naturwissenschaften, 17% Medizin) einen wichtigen Beitrag zur Bibliodiversität. Bei den Zeitschriften handelt es sich mit durchschnittlich 34 Artikeln im Jahr eher um kleine Journals. Häufig sind sie multilingual organisiert und veröffentlichen neben Beiträgen auf Englisch auch Inhalte in anderen Sprachen[3].

Mit dem Aktionsplan soll die Weiterentwicklung des Diamond-Open-Access-Sektors gefördert werden. Die Schwerpunkte des Plans sind:

  • Effizienz: Durch mehr Zusammenarbeit und geteilte Ressourcen soll die Effizienz der Zeitschriften und Publikationsplattformen gesteigert werden.
  • Qualitätsstandards: Diamond-Open-Access-Zeitschriften nutzen derzeit unterschiedliche Praktiken, um die Qualität der Inhalte sicherzustellen. Unter Berücksichtigung der disziplinären und kulturellen Diversität sollen einheitliche Qualitätsstandards für die Kernkomponenten des wissenschaftlichen Publizierens entwickelt werden.
  • Kapazitätsaufbau: Die Kompetenzen der Autor:innen und Publizierenden sollen durch Trainingsmaterialien weiter ausgebaut werden. Darüber hinaus soll ein Non-Profit-Zentrum (Capacity Centres for Diamond Publishing – CCDP) aufgebaut werden, das technische und finanzielle Hilfe beim Aufbau von Diamond-Open-Access-Zeitschriften leistet.
  • Nachhaltigkeit: Um die Nachhaltigkeit von Diamond-Open-Access-Zeitschriften zu optimieren, sollen Rahmenwerke zur legalen und finanziellen Absicherung entwickelt werden.

[1] https://www.dfg.de/foerderung/info_wissenschaft/2022/info_wissenschaft_22_26/

[2] Ancion et al. (2022): Action Plan for Diamond Open Access. doi: 10.5281/zenodo.6282403

[3] Bosman et al. (2021): OA Diamond Journals Study. Part 1: Findings. doi: 10.5281/zenodo.4558704

20. Jahrestag der Budapest Open
Access Initiative

Am 14. Februar 2022 feierte die Budapest Open Access Initiative (BOAI) ihren 20. Jahrestag. Anlässlich dieses Jubiläums veröffentlichte der Lenkungsausschuss der BOAI neue Empfehlungen[1], die auf den ursprünglichen Grundsätzen der Initiative[2], sowie den Empfehlungen zum 10-jährigen Jubiläum aus dem Jahr 2012[3] basieren.

Seit der Veröffentlichung des ursprünglichen Statements 2002 ist der Anteil an Open-Access-Publikationen weltweit gestiegen, zahlreiche neue Open-Access-Zeitschriften wurden gegründet und viele Wissenschaftseinrichtungen und Forschungsförderer haben Open-Access-Policies eingeführt. Allerdings haben sich in den letzten 20 Jahren auch systemische Probleme des Open Access weiter verfestigt: die Abhängigkeit von proprietären Infrastrukturen, die kommerzielle Kontrolle des Zugangs zu Forschungsergebnissen und der Indikatoren für die Bewertung von Forschung sind nur einige der Punkte, die hier von der BOAI angeführt werden. Wo zuvor Leser:innen aus finanziellen Gründen der Zugriff zu Closed-Access-Zeitschriften verwehrt wurde, sind es nun die Autor:innen, die wegen zu hoher Preise ihre Forschungsergebnisse nicht im Open Access publizieren können.

Basierend auf diesen Beobachtungen veröffentlicht die BOAI anlässlich ihres 20. Jahrestags die folgenden vier Empfehlungen (übersetzt aus dem Englischen):

  1. Hosting von Open-Access-Forschungsergebnissen in einer offenen Infrastruktur. Obwohl der Fokus der BOAI auf Zeitschriftenartikeln und Preprints liegt, schließt diese Empfehlung jegliche Arten von digitalem Forschungsoutput mit ein – Texte, Daten, Metadaten, Code oder andere digitale Formen. Um mögliche Zugriffseinschränkungen in der Zukunft zu vermeiden, sollte Publikationsinfrastruktur nicht in kommerziellen Händen liegen. Wo die offenen Infrastrukturen für den aktuellen Bedarf noch unzureichend sind, müssen sie entsprechend weiterentwickelt werden.
  2. Reformierung der Bewertung und Belohnung von Forschung. Die Praktiken, die derzeit vielerorts zur Bewertung von Forschung für Förderentscheidungen, Einstellungen, Beförderungen und Berufungen an Universitäten genutzt werden, motivieren Forschende nicht zum Open-Access-Publizieren. Es sollten in diesem Bereich mehr positive Anreize für Open Access geschaffen werden.
  3. Förderung von inklusiven Publikations- und Vertriebskanälen, die keine Autor:innen aus wirtschaftlichen Gründen ausschließen. Die Vorteile von Green Open Access (Zweitveröffentlichung in Open-Access-Repositorien) und Diamond Open Access (Veröffentlichung in Zeitschriften ohne Publikationsgebühren), sollten stärker ausgeschöpft werden. Eine Abkehr von article processing charges (APCs) wird gefordert.
  4. Bei allen finanziellen Investitionen in Open Access sollten die Ziele der Open-Access-Bewegung im Blick behalten werden. Open Access darf kein Selbstzweck sein, sondern ein Mittel zu Förderung von Gerechtigkeit, Qualität, Nutzbarkeit und Nachhaltigkeit in der Forschung.Es sollten vorzugsweise solche Publikationsmodelle gefördert werden, von denen Forschende weltweit profitieren, die akademisch geführt und von gemeinnützigen Organisationen betrieben sind. Die Konzentration von Open-Access-Publikationen in kommerziell dominanten Zeitschriften soll ebenso wie Read-and-Publish-Agreements vermieden werden.

Eine ausführliche Erläuterung der vier Empfehlungen findet sich in auf der Website der BOAI[1] (auf Englisch).

[1] https://www.budapestopenaccessinitiative.org/boai20/

[2] https://www.budapestopenaccessinitiative.org/read/

[3] https://www.budapestopenaccessinitiative.org/boai10/

Ergebnisse des Workshops bei den Open-Access-Tagen 2020

Am 16.09.2020 boten wir im Rahmen der Open-Access-Tage 2020 einen Workshop mit dem Titel openaccess.nrw – Umsetzungsoptionen für Open-Access-Services an. Mit ca. 30 Teilnehmenden erarbeiteten wir mit Hilfe eines Utopie-Szenarios verschiedene Vorschläge zur Gestaltung von Open-Access-Services.

Die Ergebnisse haben wir zusammengefasst, kategorisiert und in zwei Tabellen dargestellt, die Sie hier herunterladen können: Download.

Ergebnisse der Bedarfserhebung

Die quantitative Online-Bedarfserhebung im Vorprojekt openaccess.nrw wurde vom 17.06.2020 bis zum 31.07.2020 durchgeführt und richtete sich in erster Linie an Wissenschaftler*innen.Darüber hinaus gehörten auch Mitarbeiter*innen in Bibliotheken (z. B. Open-Access-Beauftragte) oder Forschungsdezernaten, Betreiber von Repositorien (z. B. in zentralen IT-Einheiten) oder Publikationsfonds, Herausgeber*innen von Open-Access-Zeitschriften sowie strategische Entscheider*innen zur Zielgruppe der Befragung.

Der Bericht umfasst die deskriptive Auswertung dieser Onlinebefragung. Sie können ihn hier herunterladen: Download (upgedatet am 6.10.2020).

Erfolgreiche Open-Access-Tage für openaccess.nrw

Letzten Donnerstag endeten die Open-Access-Tage 2020 mit der Posterprämierung und der Bekanntgabe des nächsten Ausrichtungsortes Bern. Nach einer aus Projektsicht bis dahin bereits sehr erfolgreichen Tagung erfolgte mit dem zweiten Platz bei der Posterprämierung die Krönung.

Im Workshop „Open Access in den deutschen Bundesländern„, den Dr. Stefan Drees vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW eröffnete, der auch ein Grußwort zu Beginn der Konferenz gesprochen hatte, stellten wir das Projekt kurz vor und gaben in der Gruppenarbeit zusammen mit den anderen Teilnehmenden Impulse für das BMBF-Projekt open-access.network.

In unserem eigenen Workshop am Mittwoch erarbeiteten wir mit fast 30 Teilnehmenden Umsetzungsoptionen für Open-Access-Services und erhielten dabei viele hilfreiche Anregungen. Für die Gruppenphase verwendeten wir die Methode des Utopieszenarios, um Chancen und Herausforderungen der Umsetzung von Open Access an Hochschulen zu identifizieren.

Last, but not least haben wir im Anschluss das Poster zum Projekt in einer einstündigen Postersession vorgestellt, die zu den bestbesuchten Postervorstellungen bei den OAT20 gehörte.

Das Poster finden Sie hier auf Zenodo.

Auch die Folien der Workshops werden in den nächsten Tagen in der OAT20-Community auf Zenodo hochgeladen.

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