Am 4. Juli 2023 führte Open-Access-Büro Berlin zusammen mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) den Workshop „Open Access Publizieren durch wissenschaftliche Einrichtungen“ durch, um die Open-Research-Strategie Berlin 2030 möglichst gut an die Anforderungen und Bedarfe der Berliner Wissenschafts- und Kulturerbeeinrichtungen anzupassen. Dabei stand das Thema wissenschaftsgeleitetes Open Access Publizieren im Vordergrund.
„Ergebnisbericht des Workshops Open Access Publizieren durch wissenschaftliche Einrichtungen“ weiterlesenKategorie: Publizieren allgemein
Preprints und Open Peer Review
Unter „Preprints“ versteht man gemeinhin die Vorveröffentlichung wissenschaftlicher Ergebnisse. Es handelt sich dabei oft um das schon bei einer Zeitschrift eingereichte, unbegutachtete Manuskript. Dieses kann in Form eines elektronischen Dokuments vorliegen, welches per E-Mail an interessierte Leser:innen gesendet, oder auf einen Preprint-Server geladen wird, der der Öffentlichkeit frei zugänglich ist.
„Preprints und Open Peer Review“ weiterlesenNeues aus der Welt der OA-Publikationen: Der AuROA-Vertragsgenerator steht in den Startlöchern!
Wie kam es dazu?
Am 22.11.2022 hat das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt AuROA im Rahmen eines angeregten Austausches und Get-together im Bibliothekssaal der Universität Duisburg-Essen seinen Abschluss gefunden.
AuROA steht dabei für Autor:innen und Rechtssicherheit für Open Access und hatte sich mit der Qualitätssicherung, Herstellung von Rechtssicherheit und Transparenz im Rahmen von OA-Publikationen ambitionierte Ziele gesetzt. In der Sache wurden Mechanismen zur Erarbeitung und Standardisierung von Kooperationen zwischen Autor:innen und Publikationsdienstleister:innen entwickelt. Dabei ging es nicht zuletzt auch darum, Vorbehalte gegenüber Publikationen im Open Access abzubauen und Transparenz über den gesamten Publikationsprozess herzustellen, um somit zu einer fairen und gleichberechtigen Wissenschaftspraxis beizutragen.
„Neues aus der Welt der OA-Publikationen: Der AuROA-Vertragsgenerator steht in den Startlöchern!“ weiterlesenLesetipp: A guide to preprinting for early-career researchers
Als Preprint bezeichnet man die Veröffentlichung eines wissenschaftlichen Manuskripts vor der Begutachtung durch Fachkolleg:innen, in der Regel auf entsprechenden Preprint-Servern.
Obwohl Preprints zuletzt während der Covid-19-Pandemie besonders stark in den Fokus geraten sind[1], sind Preprint-Server kein neues Phänomen. 1991 wurde mit arXiv.org der erste Preprint-Server für Manuskripte aus dem Bereich der Physik gegründet[2]. Inzwischen existieren mehr als 50 Preprint-Server, die verschiedene Fachdisziplinen abdecken[3].
„Lesetipp: A guide to preprinting for early-career researchers“ weiterlesenoa.finder: Ein Online-Recherchetool für Zeitschriften zum Open-Access-Publizieren
DEAL, Plan S und Open Science – all das stellt Wissenschaftler*innen vor neue Herausforderungen, bietet aber auch Möglichkeiten bei der Suche nach einem geeigneten Publikationsort für ihre Forschungsergebnisse. Das neue Online-Recherchetool oa.finder auf dem Portal open-access.network hilft ihnen jetzt dabei. Die Universitätsbibliothek Bielefeld hat den Dienst im Rahmen des Projekts „open-access.network“ entwickelt. Nach einer intensiven Test- und Feedbackphase zur Betaversion, geht der oa.finder pünktlich zu der internationalen Open-Access-Woche (24. bis 30 Oktober) in den Produktivbetrieb. Bibliotheken sind eingeladen, den oa.finder auf ihren Webseiten zum Open-Access-Publizieren zu verlinken und in der Publikationsberatung zu nutzen.
„oa.finder: Ein Online-Recherchetool für Zeitschriften zum Open-Access-Publizieren“ weiterlesenDer Lieferdienst DeepGreen
Was ist DeepGreen?
DeepGreen ist ein automatisierter Liederdienst für Open-Access-Artikel, der im Rahmen eines DFG- Projekts entwickelt wurde1.
Wie der Name bereits andeutet liegt der Fokus des Projekts auf grünem Open Access, also der Zweitveröffentlichung von Publikationen, die zuvor in einer Subskriptionszeitschrift erschienen sind. Wissenschaftliche Artikel, die aufgrund des Zweitveröffentlichungsrechts nach einer Embargofrist öffentlich zugänglich gemacht werden dürfen, können im Rahmen des Projekts automatisiert in den Open Access zu überführt werden. Damit soll der Anteil an Open-Access-Veröffentlichungen in Repositorien in Deutschland gesteigert werden2.
„Der Lieferdienst DeepGreen“ weiterlesen“Yeah, this is not good[1]” – Accelerated Publication Modell von Taylor & Francis
Am 04. Januar häuften sich in unserer Twitter-Timeline Kommentare zu einem Publikationsmodell von Taylor & Francis: Accelerated Publication. Was hat es mit diesem Modell auf sich und wie wurde es in der Open-Access-Community aufgenommen?
Worum geht es?
Das Publikationsmodell[2] bietet Autor:innen einen beschleunigten Publikationsprozess in 46 verschiedenen Zeitschriften aus dem Bereich Medizin/Biomedizin. Dabei können sie zwischen zwei Optionen wählen:
- Option 1: 3-5 Wochen von der Einreichung bis zur Online-Publikation
- Option 2: 7-9 Wochen von der Einreichung bis zur Online-Publikation
Die Alternative zum beschleunigten Publikationsmodell ist der Standard Track. Hier setzt Taylor & Francis 16 Wochen bis zur Online-Publikation an.
Welche Kosten fallen an?
Für Option 1 werden 6200€ fällig. Bei dieser Option haben die Gutachter:innen 1-2 Wochen Zeit, um das Manuskript zu begutachten. Nach Annahme des Artikels wird er innerhalb von 1-2 Wochen online publiziert. Wenn Autor:innen diese Publikationsoption wählen, werden die Gutachter:innen als Anreiz für das Verfassen eines Gutachtens innerhalb so kurzer Zeit mit einem Honorar von 115€ vergütet. Geht man davon aus, dass zwei Gutachter:innen zum Reviewprozess eingeladen werden, dann gehen damit weniger als 5% des Gesamtpreises für die beschleunigte Publikation an die Gutachter:innen. Mit dem restlichen Geld stellt Taylor & Francis laut eigenen Angaben zusätzliche Ressourcen für das Monitoring und die Verwaltung des Peer-Reviews und des Produktionsprozesses bereit, die für den beschleunigten Publikationsprozess benötigt werden.
Für Option 2 werden 3400€ fällig. Hier ist es vorgesehen, dass die Gutachter:innen ihre Stellungnahme zum Artikel innerhalb von 3-4 Wochen verfassen. Bei dieser Option wird den Gutachter:innen kein Honorar ausgezahlt. Ein akzeptierter Artikel wird innerhalb von 2-3 Wochen online publiziert.
Im Falle einer Ablehnung des Manuskripts werden den Autor:innen keine Kosten berechnet. Sollte ein Manuskript aber während des Prozesses zurückgezogen werden, wird eine anteilige Bezahlung fällig.
Zu beachten ist, dass keine der beiden Optionen das Open-Access-Publizieren des Artikels beinhaltet. Article Processing Charges (APCs) werden von Taylor & Francis zusätzlich zu den Preisen für das beschleunigte Publizieren in Rechnung gestellt.
Welche Meinungen gibt es zu diesem Publikationsmodell?
Kevin Jon Heller, Jurist an der Australian National University, widmete dem Publikationsmodell einen Beitrag in seinem Blog OpinioJuris mit dem Titel „Taylor & Francis’s Really Bad Publishing Idea“[3]. Darin bemängelt er unter anderem, dass ein solches Modell die Ungleichheit in der akademischen Welt weiter verschärfen könnte: Gut finanzierte Forschende (meist aus dem globalen Norden stammend) könnten ihre Forschungsergebnisse somit schneller veröffentlichen als diejenigen, die nicht über ausreichend finanzielle Mittel für ein solches Publikationsmodell verfügen. Heller äußert darüber hinaus die Befürchtung, dass die Einführung einer Vergütung dazu führen könnte, dass Gutachter:innen bevorzugt solche Artikel bewerten, für die sie bezahlt werden, und es für Zeitschriften, die andere Publikationsmodelle nutzen, schwieriger werden könnte, Gutachter:innen für ihre Artikel zu finden. Zuletzt stellt er in Frage, ob Gutachter:innen einen solchen Artikel überhaupt ablehnen würden. Zwar wird das Honorar auch ausgezahlt, wenn Gutachter:innen einen Artikel ablehnen, aber immerhin würde eine Ablehnung dazu führen, dass Taylor & Francis nicht bezahlt wird. Gutachter:innen könnten befürchten, nach einer Ablehnung aufgrund des finanziellen Verlusts nicht zu weiteren Begutachtungen von Taylor & Francis eingeladen zu werden und daher eher dazu neigen, Artikel anzunehmen.
Auch auf Twitter brachten viele Forschende ihr Missfallen für das Modell des beschleunigten Publizierens zum Ausdruck. Neben allgemeiner Empörung und Hinweisen zur Ungerechtigkeit dieses Publikationssystems gegenüber Forschenden aus Ländern und Einrichtungen mit begrenzten finanziellen Mitteln[1,4,5,6], wurden ausdrückliche Empfehlungen ausgesprochen, dieses Publikationsmodell nicht zu nutzen[7]. Manche Forschende verwiesen auf die Alternative der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen als Preprints, die sofort und kostenfrei zur Verfügung gestellt werden können[6,8]. Andere Forschende meldeten, dass sie nicht länger bei Taylor & Francis publizieren und begutachten werden [9,10].
Wie reagierte Taylor & Francis auf die Kritik?
In einem Statement vom 10.01.22[11] erklärte Taylor & Francis, auf die Kritik aus der Community eingehen zu wollen. Darin wies der Verlag zunächst darauf hin, dass das Publikationsmodell keineswegs neu sei, sondern bereits seit über 15 Jahren für einzelne Zeitschriften aus dem Bereich der Biomedizin genutzt wird. Ein Großteil der Artikel in diesen Zeitschriften sei durch Pharmaunternehmen finanziert. Da es sich häufig um Forschung zu Medikamenten und Therapien handelt, sei eine schnelle Veröffentlichung der Ergebnisse in diesem Bereich besonders wichtig (auch in Bezug auf Patente und Produktentwicklung).
Eine Ausweitung dieses Geschäftsmodell auf andere Fachbereiche sei hingegen nicht geplant.
Mit Ausnahme des Zeitrahmens, werden beim beschleunigten Publikationsmodell alle Elemente des Gutachtenprozesses genauso durchgeführt wie bei allen anderen Zeitschriften von Taylor & Francis, die nicht diesem Modell folgen. Alle Zeitschriften, die beschleunigte Publikation anbieten, folgen hohen Qualitätsstandards und die Ablehnungsrate unter diesem Publikationsmodell unterscheidet sich laut Taylor & Francis nicht von der des Standardmodells.
Den Kommentaren zur Bezahlung der Gutachter:innen begegnet Taylor & Francis mit der Aussage, dass die Organisation des Peer-Review-Prozesses ein vielschichtiges Thema sei und man dazu bereit sei, eine evidenzbasierte Diskussion dazu zu führen. Weitere Ausführungen oder ein konkretes Diskussionsangebot fehlen jedoch im Statement von Taylor & Francis.
Unser Fazit?
Taylor & Francis ist nicht der erste Verlag, der einen beschleunigten Publikationsprozess gegen eine Gebühr anbietet. 2015 startete Nature für die Zeitschrift Scientific Reports einen Test mit einem ähnlichen „fast-track“ Publikationsmodell[12]. Infolge dessen unterzeichneten 150 Editoren ein Rücktrittsschreiben, das auch von über 400 Forschenden unterstützt wurde. Nach einer nur einmonatigen Probezeit stellte Nature daraufhin das Fast-Track-Publikationsmodell wieder ein [13]. Zuvor hatten bereits 2011 Forschende einen Protestbrief an sieben Journals aus verschiedenen Fachbereichen verfasst, die einen Fast-Track-Service gegen Gebühren von 250 – 2000$ anboten[14,15].
Die Landesinitiative openaccess.nrw teilt die hier aufgeführten Bedenken der Forschenden zu Modellen für beschleunigtes Publizieren gegen eine Gebühr. In manchen Disziplinen, wie z.B. der Medizin, ist eine schnelle Veröffentlichung von Forschungsergebnissen besonders wichtig. So mögen Fast-Track-Publikationsmodelle ein verführerisches Angebot sein. Die negativen Aspekte eines solchen Geschäftsmodells überwiegen jedoch:
- ein gebührenbasiertes Modell für beschleunigtes Publizieren fördert die Ungleichheit und Ungerechtigkeit im globalen Publikationswesen, da nicht alle Forschenden über entsprechende finanzielle Mittel verfügen
- der Zwang zur Beschleunigung des Peer-Reviews birgt die Gefahr, dass die Qualität eines Gutachtens unter dem Zeitdruck leidet
- die Bezahlung von Gutachter:innen in ausgewählten Publikationsmodellen könnte dazu führen, dass Forschende seltener Artikel in Zeitschriften begutachten, für die sie nicht vergütet werden
- Gutachter:innen, die in diesem Publikationsmodell besonders unter Zeitdruck stehen, erhalten nur einen geringen Anteil (ca. 5%) der Kosten; letztlich dient das Modell der Gewinnförderung des Verlags
[1] https://twitter.com/aemonten/status/1478448572173586437
[2] https://taylorandfrancis.com/partnership/commercial/accelerated-publication/
[3] https://opiniojuris.org/2022/01/11/taylor-franciss-really-bad-publishing-idea/
[4] https://twitter.com/RoryCormac/status/1479012815952297984
[5] https://twitter.com/ka_schubert/status/1479450996535447553
[6] https://twitter.com/ftmaestre/status/1478686509851197443
[7] https://twitter.com/ODickhauser/status/1479026844993208321
[8] https://twitter.com/LvV70248033/status/1478877540748083203
[9]https://twitter.com/Fab_Dumoulin/status/1478687601796210691
[10] https://twitter.com/AndrewIwaniuk/status/1478920819854110722
[11] https://newsroom.taylorandfrancisgroup.com/accelerated-publication-clarification/
[12] http://blogs.nature.com/ofschemesandmemes/2015/03/27/further-experiments-in-peer-review